DÜSSELDORF. In keinem anderen Bundesland ist der Lehrermangel an den Grundschulen so gravierend wie in Nordrhein-Westfalen. Kein Bundesland hat so viele leistungsschwache Schüler wie Nordrhein-Westfalen. Trotzdem päppelt die schwarz-gelbe Landesregierung vor allem die Gymnasien. Eine Analyse von News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek.

Probiert mal etwas Neues - aber nur im klitzekleinen Rahmen: die FDP-Schulministerin Yvonne Gebauer. Foto: Magubosc / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Bekommt vom Finanzminister nicht das, was sie gerne hätte: Schulministerin Yvonne Gebauer. Foto: Magubosc / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

An den Grundschulen Nordrhein-Westfalens sollten nach dem Willen von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) weitere 650 Sozialpädagogen zum Einsatz kommen, um Lehrer zu unterstützen – meldete die „Rheinische Post“ im Juni. Jetzt kam der Rückzieher: Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) gebe die erforderlichen Millionen nicht frei, so berichtete das Blatt nun.

Das Hin und Her fügt sich ins Bild: Auch beim Thema A13 für Grundschullehrer gab es deutliche Signale der Schulministerin, dass es in absehbarer Zeit zu einer finanziellen Gleichstellung mit den Kollegen am Gymnasium kommen wird. Gebauer hatte bereits vor zwei Jahren angekündigt, dass „Ungerechtigkeiten in der Lehrerbesoldung“ in NRW beseitigt werden sollen. Die Landesregierung werde besoldungsrechtliche Konsequenzen aus der schon 2009 reformierten Lehrerausbildung ziehen. Seinerzeit wurde das Studium fürs Lehramt Grundschule zeitlich dem fürs Lehramt Gymnasium angeglichen. Insgesamt müsse dem Lehrerberuf größere Wertschätzung entgegengebracht werden, sagte die Ministerin noch im August 2017. Geld gehöre auch dazu. Sie sei darüber im Gespräch mit dem Finanzminister – „damit wir tatsächlich die Lehrerinnen und Lehrer, besonders in der Grundschule, in Zukunft besser bezahlen können“, so Gebauer.

Noch immer bekommen Grundschullehrer weniger Geld als Gymnasiallehrer

Bis heute aber ist in Sachen „A13 für alle“ in Nordrhein-Westfalen nichts geschehen. Als die Grünen vor einem halben Jahr nachhakten, wo denn die versprochenen „besoldungsrechtlichen Konsequenzen“ blieben, kam als Antwort aus dem Schulministerium: „Der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Landesregierung ist noch nicht abgeschlossen.“ Daran hat sich bis heute nichts geändert.

„Der Frust der Lehrkräfte ist riesig”, sagt Stefan Behlau, Landeschef des VBE, mit Blick auf die Grundschulen in Nordrhein-Westfalen. Das hat nicht nur mit A13 zu tun: Tatsächlich fehlen in keinem anderen Bundesland so viele Grundschullehrer wie in Nordrhein-Westfalen, was die Kollegien – deren Arbeitsaufkommen ja nicht sinkt – deutlich zu spüren bekommen. Nur knapp 58 Prozent der im Sommer ausgeschriebenen 10.000 Lehrerstellen konnten zu Schuljahresbeginn besetzt werden, im Vorjahr waren es 62 Prozent. „Der Lehrermarkt ist leer gefegt“, sagte Gebauer. „Wir drehen jeden Stein um, damit offene Stellen besetzt werden können.“

Dazu kommen die ungelösten Probleme an den Grundschulen mit dem gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne Behinderung. Vergangenes Jahr stellte die Schulministerin „neue Eckpunkte zur schulischen Inklusion“ vor, die Qualitätsstandards und einen gehobenen Personalschlüssel festlegten. Nur: Die Grundschulen bleiben dabei praktisch außen vor.

„Alle Grundschulen arbeiten inklusiv, dennoch sind sie in der Neuausrichtung nicht berücksichtigt. Die Grundschulen zu stärken, würde die Qualität der schulischen Inklusion stärken”, meint VBE-Landeschef Behlau und betont: „Wir benötigen einen Blick auf das gesamte Schulsystem, nur einzelne Schulstufen scheinbar unabhängig voneinander zu betrachten oder sogar ganze Schulformen auf die eine oder andere Art und Weise aus der Gesamtstrategie herauszulassen, ist nicht zielführend.” Damit spricht er den im Inklusionskonzept verankerten Beschluss an, dass Gymnasien in Nordrhein-Westfalen keine Schüler mit Förderbedarf mehr ohne Gymnasialempfehlung unterrichten müssen.

Beim Bildungsmonitor landete NRW für seine Schulpolitik auf dem viertletzten Platz

Das Gymnasium scheint ohnehin die Lieblingsschulform der schwarz-gelben Landesregierung zu sein. Beim Umstieg von G8 auf G9 kostet allein der Ausbau der Klassenräume an den Gymnasien im Land mehr als eine halbe Milliarde Euro. Im Januar beschloss das Kabinett ohne viel Federlesens, diesen Betrag den Kommunen – die als Schulträger eigentlich für Baukosten aufkommen müssen – zu erstatten.

Nordrhein-Westfalen landete für seine Schulpolitik beim aktuellen „Bildungsmonitor“ – einem Bundesländervergleich, in den auch die Daten der großen Schülervergleichsstudien eingehen – auf dem viertletzten Platz. Besonders negativ fiel der extrem hohe, bundesweit beispiellose Anteil leistungsschwacher Schüler auf.  Agentur für Bildungsjournalismus

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